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Mädchen sitzt auf Küchenanrichte vertieft in Zubereitung eines Teigs

Kochen mit Kindern – Gründe dafür und dagegen

Der Tag war lang. Direkt von der Arbeit hast du die Kinder aus der Betreuung geholt. Vielleicht gab es am Nachmittag noch Termine, Vereinssport, Verabredungen oder das ein oder andere musste noch schnell erledigt werden.

Jetzt stehst du in der Küche und möchtest das Abendessen herrichten, das hoffentlich stressfrei verläuft und den Weg in deinen persönlichen Feierabend für heute ebnet. Während du alle Zutaten zusammen suchst, stapft dein Kind in die Küche und fragt: „Mama, was machst du? Kann ich mitmachen?“

Ein Interessenkonflikt in dir tut sich auf. Du wünscht dir, dass deine Kinder in der Küche helfen, diese Welt entdecken und weißt, vielleicht auch aus deiner eigenen Kindheit, wie viel Spaß es machen kann beim Kochen zu helfen. Gleichzeitig weißt du auch, was es bedeuten kann ein Kind während des Kochens einzubinden, zu beschäftigen und auch im Blick zu behalten. Es ist herausfordernd, zuweilen anstrengend und wie die Küche danach aussieht, daran willst du lieber gar nicht erst denken.

In deinem Kopf spielen die Gedanken in Zehntelsekunden Flipper:

Soll ich’s wirklich machen oder lass ich’s lieber sein?

Es gibt gute Gründe Kinder in Tätigkeiten in der Küche wie die Zubereitung von Speisen mit einzubinden. Es gibt aber auch gute Gründe dagegen.

Dein Zögern und Gedankenflippern ist daher nachvollziehbar. Ich kenne es auch. Lass uns das Flippern mal in Zeitlupe abspielen und 5 Gründe aufdröseln, die dafür sprechen, dein Kind generell in die Küche einzubeziehen und wo der Haken sein kann. Gleichzeitig kommen wir dabei auf den Kern, der das Spiel in diesem Moment entscheidet und der am Ende gar nicht so viel mit deinem Kind oder Kochen zu tun hat.

Natürliche Exposition und Transformation

In der Küche und im Kochprozess haben Kinder die Möglichkeit Lebensmittel auf verschiedenste Weise, vor allem aber in ihrem Transformationsprozess zu erleben. Ein Möhre zum Beispiel ist nicht mehr die selbe in Geschmack und Kontinenz, wenn sie geschält, geschnitten, gegart und womöglich mit Fetten und Gewürzen veredelt wurde. So bietet das gemeinsame Kochen eine ständige natürliche Exposition gegenüber verschiedensten Lebensmitteln, die sich besonders Eltern von wählerischen Essern wünschen.

Kinderhände stechen aus Gurkenscheiben Sterne aus für einen Salat
vielleicht schmecken Gurken in Sternenform

Allerdings wird dabei auch deine Küche exponiert und unter Umständen braucht es einiges an Zeit und Muse herauszufinden, welche Form die Möhre oder ein anderes Lebensmittel haben soll, um Einzug in euer Gericht zu halten. Natürlicherweise macht dabei eure Küche eine ganz eigene Transformation durch, indem mehr Werkzeug und Geschirr verbraucht wird, als du ursprünglich vor hattest.

Mitbestimmung fördert Akzeptanz

Mitbestimmung beim gemeinsamen Kochen fördert die Akzeptanz der fertigen Speisen. Wenn Kinder bereits in der Küche sehen, was und woraus die Speisen gemacht werden, hilft das ungemein, sie mit den Zutaten vertraut und „warm“ zu machen. Es fällt ihnen leichter ein „eigenes“ Gericht zu akzeptieren, als ein „fremd vorgesetztes“. Ganz zu schweigen von dem Probieren während des Kochens, das vielen Kindern leichter fällt, als am gemeinsamen Esstisch. Dürfen sie dazu noch im Kochprozess mitwirken und eigene Entscheidungen treffen wie z.B. die Gewürzauswahl, die Form in der Gemüse geschnitten wird, welche Soße oder Beilage es gibt oder auch welche Pfanne benutzt wird, wird das Gericht zu ihrem eigenen Projekt und die Akzeptanz steigt noch einmal.

Zunehmende Mitbestimmung und Zueigenmachung während des Kochprozesses kann sich aber auch hinderlich auf die Akzeptanz auswirken. Nämlich auf die Akzeptanz der anderen Familienmitglieder, wenn die Experimentierfreude aus dem Ruder läuft und ungewöhnliche Gewürz- und Geschmackskombinationen gewählt werden.

Schulung motorischer und sensorischer Fähigkeiten

Gemeinsames Wirken in der Küche fördert sensorische und motorische Fähigkeiten. Farben, Formen, Gerüche und Strukturen von Lebensmittel lassen sich am besten im wahren Sinne begreifen, wenn man mit ihnen in Berührung kommt. Der Geruch und die Konsistenz einzelnen Zutaten, wie sie sich z.B. in einem Teig zu einer neuen Form verbinden. Auch erste Erfolgserlebnis z.B. eine ganze Gurke eigenhändig in mundgerechte Teile schneiden gehören dazu, machen stolz, fördern Selbstvertrauen und Eigenständigkeit.

Kinderhände vermengen Mehl, Eier, Öl zu einem Teig
wie Zutaten sich in einen Teig verwandeln

Um Sensorik und Motorik zu trainieren benötigt es Achtsamkeit und Aufmerksamkeit. Nicht nur seitens deines Kindes, sondern auch deinerseits. Ihr brauchst ein gutes Gespür und eine Verbindung, um Gefahren z.B. beim Umgang mit Messern und heißen Töpfen und das eigene Können richtig einzuschätzen und begleiten zu können. Auch ein Gespräch darüber, wie sich etwas anfühlt, riecht oder schmeckt kostet energetische Ressourcen und Aufmerksamkeit deinerseits, die du vielleicht am Ende des Tages nicht mehr aufbringen kannst. Zudem verlangsamen sie die Zubereitung. Entschleunigung und Achtsamkeit sind toll in dem Moment, wo wir sie praktizieren, könnten aber zu Lasten des Familienfriedens gehen, wenn das Abendessen erst mit 2 Stunden Verspätung auf den Tisch kommt und allen der Magen in der Kniekehle hängt.

Unterstützung und (spätere) Entlastung

Ein Motiv, das selten erwähnt wird, aber doch eine Rolle spielt, ist, dass wir uns langfristig wünschen, dass unsere Kinder im Familienalltag mit anpacken und unterstützen. Uns ist klar, dass dies nicht von heute auf morgen passiert, sondern dass es wichtig ist, Kinder schon früh einzubinden. Alleine durch ihr Beisein in der Küche erleben sie, aus welchen einzelnen Schritten die Zubereitung einer Speise besteht und was alles dahinter steckt. Sie erleben den Prozess und eventuell geht damit im Laufe der Zeit eine Wertschätzung oder Verständnis einher. Zu Beginn ihrer Partizipation in der Küche mag es uns als Extraarbeit erscheinen, sie einzubinden und zu begleiten. Später kann es sich aber auszahlen und sie werden durch ihre Mithilfe eine „echte“ Entlastung für den gemeinsamen Familienalltag. Der Weg dahin ist allerdings gesäumt mit großen und kleinen Missgeschicken, die den Lernprozess begleiten und deine Begleitung fordern.

Quality (?) Time

Mit Kindern in der Küche zu sein, hat wenig mit kochen zu tun. Es ist vielmehr gemeinsame Zeit auf einem Abenteuerspielplatz der besonderen Art. Es ist eine Spielwiese voller Möglichkeiten bei der der Weg das Ziel ist und nicht das perfekte Gericht. Die Kindheitserinnerungen, die dich vielleicht dazu verleiten lassen an solchen Tagen „ja“ zu sagen, beinhalten vermutlich genau eins nicht: solche Tage, an denen deine Eltern selbige einfach nur zu einem Ende bringen wollten, weil der Akku bereits leer war.

Unser Wunsch und alle vorher durchgeflipperten Motive sind geprägt, vielleicht auch leicht verklärt von der Vorstellung unseren Kindern Raum für neue Erlebnisse und Entwicklungen zu schenken, sie zu begleiten, gemeinsam eine gute Zeit zu haben, während mit Leichtigkeit ein Essen entsteht, das allen schmeckt.

Aber sind die Voraussetzungen dafür heute überhaupt gegeben?

die alles entscheidende Frage ist also:

„Wie geht es dir in gerade?“

Dass du bei der Frage deines in die Küche stapfenden Kindes zuerst an all die Möglichkeiten und positiven Aspekte denkst, die gemeinsames Kochen mitbringen, ist großartig und lobenswert. Dass du dabei aber deine eigenen Bedürfnisse und Kapazitäten gänzlich in den Hintergrund stellst, kann aber fatal sein und sämtlichen positiven Aspekte torpedieren. Frage dich also auch:

Hast du die Ressourcen zeitlich, wie energetisch um heute in diesem Moment, nach diesem Tag „ja“ zu sagen, aus vollem Herzen mit all den möglichen Konsequenzen?

Sind deine Tanks für Geduld, Achtsamkeit und Flexibilität ausreichend gefüllt, um dein Kind heute beim Kochen mitwirken zu lassen und zu begleiten? Hast du Reserveenergie für Unvorhergesehenes, Missgeschicke und eventuelle Überraschungen?

Oder passt es heute einfach gerade nicht, weil du vielleicht zu sehr unter (Zeit)Druck bist, weil der Tank leer ist, weil du einfach mal einen Moment für dich brauchst, auch wenn es nur der in der Küche ist.

Ist es überhaupt realistisch heute eine gute Zeit mit deinem Kind in der Küche zu haben?

Oder sagt dir dein Bauchgefühl bereits, dass es wahrscheinlich in einer leichten bis mittelschwere Küchen Krise endet?

und die Antwort darauf sollte sein:

Vertraue auf dein Bauchgefühl und mach dich frei von dem Druck jede Gelegenheit nutzen zu müssen oder DIE EINE Gelegenheit zu verpassen. Überleg mal: wenn du jetzt dankend ablehnst und authentisch erklärst warum es nicht passt, dazu vielleicht eine gemeinsame Kochaktion am Wochenende anbietest, wie wahrscheinlich ist es dass dein Kind die Lust am Kochen behält?

Überleg mal, wenn du jetzt aus Pflichtgefühl „ja“ sagst und es in eine Küchen Krise, schlechte Stimmung, vielleicht eine Eskalation führt, wie wahrscheinlich ist es, dass dein Kind die Lust am Kochen behält oder nochmal fragt?

Es gibt gute Gründe Kinder in Tätigkeiten in der Küche wie die Zubereitung von Speisen mit einzubinden. Es gibt aber auch gute Gründe dagegen.

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